Ostergruss

Ihr Lieben,
Kinder verzaubern jetzt den Wald. Da leuchtete am Wegrand ein grelloranges Gesicht im grünen Moosteppich. Daneben lag in einer Plastikmappe ein wackelig geschriebener Text: Corona-Gesicht, unterstrichen und mit einem Ausrufezeichen versehen. Wem es gefällt, soll es mitnehmen. In Gedenken an diese schräge Zeit und nochmals ein Ausrufezeichen. Nun, mir hat dieses Gesicht gefallen, ein von Kinderhand bemalter Stein. Und ich denke, da hat eine Mutter ihr Kind angehalten, diesem Corona-Virus ein sichtbares Gesicht zu geben. Ich bedankte mich bei der Künstlerin - auf der Rückseite des bemalten Steinkopfes las ich die Signatur vre 2020, das Mädchen könnte Vreni heissen - und deponierte noch am gleichen Vormittag an derselben Stelle einen lachenden Keramikkopf mit meinem Text: Liebe Künstlerin, ich habe das Corona-Gesicht zu mir nach Hause genommen und will es in Ehren halten. Vielen herzlichen Dank. Mein lachender Keramik-Kopf ist ein Geschenk an dich. Liebi Grüess u blib gsung.
Und auf dem Walk heute Morgen - ich gehe als Stockente jeden Tag auf den Vitaparcours - liegen zwei von Kinderhand mit Tannzapfen gestaltete Bilder mitten auf dem grünen Grasteppich des Waldweges, eine Blume und ein Herz darstellend. Ich bin nicht allein, wenn ich alleine daherkomme im Wald. Kinder sprechen zu mir in ihrer Sprache. Ist das nicht schön, in diesen «schrägen» Zeiten?
Ja, es wird für uns, wie die Statistiken es deutlich machen, als Hochrisikogruppe wohl noch lange dauern, bis man uns wieder freilässt. Für viele andere wird es bald eine stufenweise Lockerung geben, zuerst für die Schüler und so fort; warten wir die Botschaften des Bundesrates ab. Und wir Alten? Hat für uns die Zeit begonnen, weise zu werden? Wie wird man überhaupt weise. Und was ist Weisheit? Nun, weiss bin ich längst, aber weise? Wer weiss, vielleicht weiss ich es an Ostern in einem Jahr!
Hebets guet u blibet gsung

None

public

environment